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Disagio: Was es ist und wie es Ihren Kredit beeinflusst

Verfasst von Ivan Bevanda

- 14. Okt. 2025

Geprüft von Sven Wilke

11 Min. Lesezeit | Kredite

  • Bedeutung: Ein Disagio ist ein Abschlag bei der Kreditauszahlung – bei 5% Disagio erhalten Sie nur 95.000 Euro ausgezahlt, müssen aber 100.000 Euro verzinsen und zurückzahlen.
  • Anwendungsbereich: Hauptsächlich bei Immobilienfinanzierungen und Bauspardarlehen anzutreffen, im normalen Privatkreditbereich selten.
  • Steuerliche Aspekte: Bis zu 5 % Disagio bei mindestens 5 Jahren Zinsbindung gilt als marktüblich und kann sofort steuerlich abgesetzt werden. Steuerlich nur bei vermieteten Immobilien absetzbar – seit 1996 nicht mehr bei Eigennutzung.
  • Effektiver Jahreszins als Indikator: Der Effektivzins muss laut Preisangabenverordnung das Disagio berücksichtigen und somit die tatsächlichen Kreditkosten zeigen.

Was ist ein Disagio?

Ein Disagio (auch Damnum oder Abgeld genannt) ist ein Abschlag vom Nennwert eines Kredits, der bereits bei der Auszahlung einbehalten wird.

Das Disagio funktioniert daher als vorausbezahlter Zins. Im Gegenzug bietet die Bank einen niedrigeren Nominalzinssatz an. Diese Kreditform war früher häufiger anzutreffen, heute kommt sie hauptsächlich bei Immobilienfinanzierungen vor. Besonders relevant ist das Disagio für Vermieter, die es steuerlich geltend machen können.

Die Bedeutung liegt also in der Verschiebung der Zinskosten: Statt höhere laufende Zinsen zu zahlen, wird ein Teil davon vorab als Abschlag fällig. Für Kreditnehmer ohne steuerliche Vorteile ist diese Konstruktion meist nachteilig.

Wie funktioniert ein Disagio-Kredit?

Bei einem Disagio Kredit behält die Bank einen vereinbarten Prozentsatz bei der Auszahlung ein. Der Kreditnehmer erhält weniger als den Nennbetrag, muss aber den vollen Betrag verzinsen und zurückzahlen.

Ein konkretes Beispiel: Sie benötigen 100.000 Euro für eine Immobilienfinanzierung. Die Bank bietet Ihnen ein Darlehen mit 5% Disagio an. Um netto 100.000 Euro zu erhalten, müssen Sie einen Betrag von 105.263 Euro aufnehmen. Das Disagio beträgt dann 5.263 Euro, die Sie nie auf Ihr Konto sehen. Sie zahlen aber Zinsen auf die vollen 105.263 €.

Die wirtschaftliche Logik dahinter: Das Disagio funktioniert als Ausgleich zwischen Bank und Kreditnehmer. Die Bank verzichtet auf einen Teil der Auszahlung und erhält dafür Zinssicherheit. Der Kreditnehmer profitiert von einem niedrigeren Nominalzins. Auf dem Papier sieht der Kredit günstiger aus.

Nominalzins vs. Effektivzins: Die Rolle des Disagios bei der tatsächlichen Kreditbelastung

Wichtig ist der Unterschied zwischen Nominalzins und Effektivzins. Der Nominalzins ist der reine Zinssatz ohne Berücksichtigung des Disagios. Der Effektivzins rechnet das Disagio mit ein und zeigt die tatsächliche Belastung. Nach der Preisangabenverordnung (PAngV müssen Banken den Effektivzins angeben.

Trotz niedrigerem Nominalzins steigt die tatsächliche Kreditbelastung durch das Disagio. Sie zahlen weniger Zinsen pro Jahr, haben aber von Anfang an weniger Geld zur Verfügung. Bei der Tilgung zahlen Sie den vollen Nennbetrag zurück, nicht nur die ausgezahlte Summe.

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Wann lohnt sich ein Disagio?

Ein Disagio-Kredit ist heute hauptsächlich für Vermieter von Immobilien interessant. Nur sie können das Disagio steuerlich als Werbungskosten absetzen. Für Selbstnutzer einer Immobilie besteht seit 1996 keine steuerliche Absetzbarkeit mehr.

Der steuerliche Vorteil funktioniert so: Normale Kreditzinsen werden über die Laufzeit verteilt als Werbungskosten geltend gemacht. Ein marktübliches Disagio können Sie dagegen sofort im Jahr der Zahlung vollständig absetzen. Bei hohen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung reduziert das die Steuerlast erheblich.

Ein einfaches Beispiel: Sie kaufen eine vermietete Wohnung für 300.000 Euro und nehmen einen Kredit mit 5% Disagio auf (15.000 Euro). Diese 15.000 Euro können Sie sofort als Werbungskosten ansetzen. Bei einem persönlichen Steuersatz von 42% sparen Sie im ersten Jahr 6.300 Euro Steuern.

Bei gemischt genutzten Immobilien gilt: Nur der vermietete Anteil ist absetzbar. Wenn Sie die Hälfte selbst bewohnen und die andere Hälfte vermieten, können Sie nur 50% des Disagios steuerlich geltend machen.

Agio im Bausparvertrag: Wenn der Effektivzins den Nominalzins vervielfacht

Bei Bausparverträgen fallen oft Disagios an, dort manchmal als Agio bezeichnet. Ein Bausparvertrag bietet beispielsweise 0,45% Nominalzins, verlangt aber 2% Agio. Der Effektivzins liegt dann bei 1,99 % – mehr als das Vierfache des Nominalzinses.

In der aktuellen Marktlage sind Disagio-Kredite noch seltener geworden. Nach der Zinswende bieten klassische Finanzierungen mehr Transparenz. Die meisten Kreditnehmer fahren mit einem normalen Annuitätendarlehen besser.

Steuerliche Behandlung des Disagios

Die steuerlichen Regelungen zum Disagio sind komplex, aber für Vermieter sehr vorteilhaft.

Die Grundregel lautet: Ein marktübliches Disagio ist bei vermieteten Immobilien als Werbungskosten sofort im Jahr der Zahlung vollständig absetzbar (§ 11 Abs. 2 Satz 4 EStG.

Steuerliche Absetzbarkeit des Disagios: Die 5-%-Regel und die Rechtsprechung des BFH

Das Bundesfinanzministerium hat im BMF-Schreiben vom 20.10.2003 eine Vereinfachungsregel festgelegt: Bis zu 5% Disagio bei mindestens 5 Jahren Zinsfestschreibung gilt als marktüblich. Bei kürzerer Laufzeit reduziert sich die Grenze auf bis zu 1% pro Jahr. Diese Werte können Sie ohne weitere Prüfung sofort absetzen.

Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 8.3.2016 (IX R 38/14) klargestellt: Auch höhere Disagios können marktüblich sein, wenn sie mit einer Geschäftsbank unter üblichen Bedingungen vereinbart wurden. Die 5-%-Grenze ist lediglich eine Vereinfachungsregel ohne absolute Bindung. Im konkreten Fall akzeptierte das Gericht ein Disagio von 12,36 % als marktüblich.

Die zeitliche Frist für den Sofortabzug des Disagios

Wichtig dabei ist die zeitliche Bedingung: Das Disagio darf nicht mehr als 3 Monate vor Darlehensauszahlung oder vor einer Sondertilgung von mindestens 30% gezahlt werden. Sonst verlieren Sie den Sofortabzug.

Buchhalterische Unterschiede: Disagio im Handelsrecht und Steuerrecht

Buchhalterisch wird das Disagio unterschiedlich behandelt: Handelsrechtlich besteht ein Aktivierungswahlrecht (§ 250 Abs. 3 HGB. Steuerrechtlich besteht Aktivierungspflicht als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Wichtig zu wissen

Nicht marktübliche Disagios müssen auf den Zinsfestschreibungszeitraum verteilt werden. Wenn Sie beispielsweise 10% Disagio bei nur 3 Jahren Zinsbindung vereinbaren, akzeptiert das Finanzamt den Sofortabzug nicht.

Dann wird das Disagio über die Laufzeit verteilt abgeschrieben.

Vorzeitige Kündigung und Disagio-Rückerstattung

Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung stellt sich die Frage: Was passiert mit dem gezahlten Disagio? Die rechtlichen Regelungen sind klar, aber differenziert.

Bei ordentlicher Kündigung durch den Kreditnehmer besteht nach § 812 Abs. 1 BGB ein Bereicherungsanspruch auf anteilige Rückerstattung des ungenutzten Disagios. Die Bank hat das Disagio für die gesamte Zinsfestschreibungsdauer erhalten, nutzt diese aber nicht vollständig.

Das Disagio wird bei der Berechnung auf die vereinbarte Zinsfestschreibungsdauer verteilt. Bei vorzeitiger Kündigung steht Ihnen der noch nicht verbrauchte Teil zu.

Ein konkretes Beispiel: Sie haben 10.000 Euro Disagio für 10 Jahre Zinsbindung gezahlt. Nach 4 Jahren kündigen Sie den Kredit ordentlich. Pro Jahr wurden 1.000 EUro des Disagios verbraucht, insgesamt also 4.000 Euro. Die verbleibenden 6.000 Euro müssen Ihnen zurückerstattet werden.

Steuerrisiko bei Umschuldung und Verkauf

In der Praxis relevant wird das bei Umschuldung oder Immobilienverkauf. Wenn Sie nach einigen Jahren zu einer günstigeren Finanzierung wechseln möchten, sollten Sie die Disagio-Rückerstattung in Ihre Kalkulation einbeziehen. Sie reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung.

Eine Rückerstattung kann wiederum zur Korrektur bereits geltend gemachter Werbungskosten führen. Wenn Sie das Disagio im ersten Jahr vollständig abgesetzt haben und später einen Teil zurückerhalten, müssen Sie diesen Betrag als Einnahme versteuern. Das Finanzamt fordert die gewährte Steuerersparnis anteilig zurück.

Die wichtige Ausnahme

Bei fristloser Kündigung durch die Bank wegen Zahlungsverzugs oder anderer schuldhafter Pflichtverletzungen verfällt das Disagio komplett.

Es ist Teil der geschützten Zinserwartung der Bank. Wenn Sie Ihre Vertragspflichten verletzen, verlieren Sie den Anspruch.

Häufig gestellte Fragen zum Disagio

Was bedeutet Disagio bei einem Kredit?

Ein Disagio ist ein Abschlag vom Kreditbetrag, der bei Auszahlung einbehalten wird. Bei einem Kredit über 100.000 Euro mit 5% Disagio erhalten Sie nur 95.000 Euro ausgezahlt, müssen aber die vollen 100.000 Euro verzinsen und zurückzahlen. Das Disagio funktioniert als vorausbezahlter Zins und ermöglicht einen niedrigeren Nominalzinssatz.

Ist ein Disagio steuerlich absetzbar?

Ja, aber nur bei vermieteten Immobilien. Vermieter können ein marktübliches Disagio sofort im Jahr der Zahlung vollständig als Werbungskosten absetzen. Die Vereinfachungsregel: Bis zu 5 % Disagio bei mindestens 5 Jahren Zinsbindung gelten als marktüblich. Für Selbstnutzer besteht seit 1996 keine steuerliche Absetzbarkeit mehr.

Was ist der Unterschied zwischen Disagio und Agio?

Ein Disagio ist ein Abschlag vom Nennwert (Sie erhalten weniger ausgezahlt), ein Agio ist ein Aufschlag (Sie zahlen mehr als den Nennwert). Beide Begriffe werden manchmal synonym verwendet, besonders bei Bausparverträgen. Technisch korrekt ist: Disagio = Abgeld, Agio = Aufgeld. Die wirtschaftliche Wirkung ist ähnlich – beide erhöhen die tatsächlichen Kreditkosten.

Wie hoch darf ein Disagio sein?

Die Vereinfachungsregel des Bundesfinanzministeriums besagt: Bis zu 5% Disagio bei mindestens 5 Jahren Zinsfestschreibung gilt als marktüblich. Bei kürzerer Laufzeit bis zu 1% pro Jahr. Der Bundesfinanzhof hat aber klargestellt, dass auch höhere Disagios marktüblich sein können, wenn sie mit einer Geschäftsbank unter üblichen Bedingungen vereinbart wurden. Die 5-%-Grenze ist keine absolute Obergrenze.

Wann lohnt sich ein Disagio-Kredit?

Ein Disagio-Kredit lohnt sich hauptsächlich für Vermieter von Immobilien mit hohen Einkünften aus Vermietung. Sie können das Disagio sofort steuerlich absetzen und profitieren von der Steuerersparnis. Für Selbstnutzer einer Immobilie ist ein Disagio-Kredit meist nachteilig, da keine steuerliche Absetzbarkeit besteht und der Effektivzins höher liegt als bei klassischen Finanzierungen.

Wie wirkt sich ein Disagio auf den Effektivzins aus?

Ein Disagio erhöht den Effektivzins deutlich, auch wenn der Nominalzins niedriger ist. Der Effektivzins berücksichtigt alle Kosten über die Laufzeit und zeigt die wahren Kreditkosten. Vergleichen Sie Kreditangebote immer anhand des Effektivzinses, nicht des Nominalzinses.

Bekomme ich das Disagio bei vorzeitiger Kündigung zurück?

Ja, bei ordentlicher Kündigung haben Sie Anspruch auf anteilige Rückerstattung des ungenutzten Disagios. Das Disagio wird auf die Zinsfestschreibungsdauer verteilt, der noch nicht verbrauchte Teil steht Ihnen zu. Bei fristloser Kündigung durch die Bank wegen Zahlungsverzugs oder schuldhafter Pflichtverletzungen verfällt das Disagio jedoch komplett.

Sind Disagio-Kredite heute noch üblich?

Nein, Disagio-Kredite spielen heute eine Nischenrolle. Sie kommen hauptsächlich noch bei Bauspardarlehen vor, bei normalen Immobilienfinanzierungen sind sie selten geworden. Nach der Zinswende bieten klassische Annuitätendarlehen mehr Transparenz. Die meisten Kreditnehmer fahren mit einem normalen Kredit ohne Disagio besser, es sei denn, sie sind Vermieter mit hohen steuerlichen Vorteilen.

Fazit: Disagio nur in Ausnahmefällen sinnvoll

Disagio-Kredite spielen heute eher eine Nischenrolle im deutschen Kreditmarkt und sind hauptsächlich für Vermieter von Immobilien mit hohen Einkünften interessant, die das Disagio steuerlich sofort absetzen können.

Für Selbstnutzer sind sie seit 1996 steuerlich unvorteilhaft und meist teurer als klassische Finanzierungen – der niedrigere Nominalzins täuscht über die tatsächlichen Kosten hinweg.

Der Effektivzins ist dabei die entscheidende Vergleichsgröße, die die wahren Kreditkosten inklusive Disagio zeigt. Bei der Immobilienfinanzierung sollten Sie mehrere Angebote einholen und dabei auf Konditionsanfragen statt echte Kreditanfragen achten, um Ihren SCHUFA-Score nicht zu belasten.

Financer.de hilft Ihnen beim Vergleich von Krediten und ermöglicht schufaneutrale Konditionsanfragen – so finden Sie die günstigste Finanzierung, ohne Ihre Bonität zu gefährden. Bei steuerlichen Fragen zum Disagio sollten Sie einen Steuerberater konsultieren, denn die Regelungen sind komplex und ein Fehler bei der Steuererklärung kann teuer werden.

Quellen

  • Wikipedia: Disagio: https://de.wikipedia.org/wiki/Disagio

  • Bundesfinanzhof: Urteil IX R 38/14: https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE201610129/

  • Haufe: Steuerrecht Disagio: https://www.haufe.de/steuern/rechtsprechung/abzug-eines-disagios_166_362980.html

  • Bundesfinanzministerium: Monatsberichte: https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/Ausgabe/2025/02/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-2-periodengerechte-zinsausgaben-pdf.pdf

  • Buchhaltung-einfach-sicher.de: Disagio: https://www.buchhaltung-einfach-sicher.de/finanzen/disagio

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